Pyro an / von der BasisHeute Abend geht’s drum: Hertha gegen Eintracht, die beiden vermutlichen Direktaufsteiger in die Fußball-Bundesliga treffen im Berliner Olympiastadion aufeinander und spielen den Tabellenführer unter sich aus. Auf dem Rasen wird es sicherlich spannend – aber nicht nur dort. Denn geschätzte 15.000 BTSV-Fans werden im Stadion dabei sein. Und für die kann der Abend unter Umständen ungemütlich werden. Denn wie die Leopedia jüngst aufdeckte, hat die Berliner Polizei explizit Einsätze gegen Braunschweiger Anhänger geprobt. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Geübte dann auch angewandt werden soll, ist natürlich gegeben.

Wir alle erinnern uns ungern an die Monate vor der Fußball-WM 2006. Damals häuften sich bundesweit die Beschwerden von Fußballfans, die ein unverhältnismäßig hartes Agieren der Polizei festgestellt haben wollten. Und wirklich, besonders in den Stadien der Ligen unterhalb der Beletage hatte es häufig den Anschein, die Polizei würde am lebenden Objekt für den WM-Einsatz üben. Ich selbst erinnere mich in diesem Zusammenhang an mehrere Eintracht-Auswärtsspiele, bei denen sich dieser Eindruck bestätigte: in Wilhelmshaven zum Beispiel fand ich mich urplötzlich und ohne eigenes Zutun in einem Polizeikessel wieder und sollte erkennungsdienstlich behandelt, also registriert werden. Dass ich in diesem Moment anstatt des Personalausweises einen Presseausweis vorlegte, hat das verhindert. Andere aber sind nicht im Besitz eines Presseausweises und werden nicht so glimpflich aus der Situation herausgekommen sein.

Unvergessen ist sicherlich auch das vorsorgliche Einsprühen sämtlicher Gästefans mit Tränengas an Christi Himmelfahrt ’99, bei der Partie Kickers Offenbach gegen Waldhof Mannheim. Später sorgte die Kesselbildung durch die Polizei noch für einige gefährliche Situationen für Gästefans, die mit dem eigenen PKW angereist waren, denn die Uniformierten trieben alles, was zum Gästeanhang gehörte, zum Bahnhof und sorgten dort dafür, dass niemand gleich wieder aus dem Zug ausstieg. Für die derart Verschickten bedeutete dieses Verhalten der Polizei, dass sie in Frankfurt aussteigen und auf eigene Faust zurück nach Offenbach zum Stadion fahren mussten – wo die Polizei dann bereits abgerückt und man schutzlos war.

Apropos Berlin… da war doch mal was? Richtig! Es ist fast auf den Tag genau acht Jahre her – die Aufstiegssaison 2004/05, der 02. April. Eintracht spielte am 29. Spieltag bei den Amateuren von Hertha BSC Berlin. Patrick Bick hatte in der zweiten Halbzeit zum 1:0 für die Löwen getroffen, die Mission Wiederaufstieg stand kurz vorm erfolgreichen Abschluss. Nach Abpfiff wollten Fans und Mannschaft gemeinsam feiern, das Team lief zum Zaun. Plötzlich wurde es nass – aber Schuld war daran nicht Petrus, sondern der Übungseifer der Berliner Polizei, die den Braunschweiger Anhang gezielt unter den Beschuss eines Wasserwerfers setzte. Warum? Es war nichts vorgefallen, dass diesen aggressiven Akt provoziert hätte. Zeugen sagen aus, dass es schließlich Nermin Celikovic zu verdanken gewesen sei, dass die überdimensionierte Wasserpistole zu schießen aufhörte, bevor der Tank leer war – er soll auf den Wagen geklettert und dem Fahrer unmissverständlich klargemacht haben, was er von solchen Aktionen hält. Die Medien haben das Fehlverhalten der Berliner Polizei im Anschluss kaum bis gar nicht thematisiert – den vielen Augenzeugenberichten zum Trotz. Fußballfans hatten damals eine noch geringere Lobby als heute – wenn die Polizei so agiert, muss ja etwas passiert sein, hieß es häufig. Der Gedanke, dass auch Polizisten Mist bauen könnten, dass man sich hier für die WM 2006 in Deutschland “warm übte”, blieb Interessenvertretungen der Fans wie z.B. dem BAFF überlassen. Für den Michel waren die Fans grundsätzlich schuld. Manchmal ist die Welt eben eine Scheibe.

Wir blicken heute also durchaus mit gemischten Gefühlen herüber nach Berlin. Einerseits ist da das Team von Todde Lieberknecht, dass uns seit einiger Zeit so unglaublich viel Spaß macht und uns nach viel zu langen Jahren der Demütigung wieder von der Rückkehr in unsere sportliche Heimat, die Erste Bundesliga, träumen lässt. Ein Sieg heute, und wir wären wohl durch (wobei selbst ein Remis oder eine Niederlage uns jetzt keine allzu großen Kopfschmerzen bereiten sollte). Andererseits ist da aber auch die Sorge, dass es erneut ein Fehlverhalten der Berliner Polizei geben könnte, zum Nachteil der Gästefans. Schließlich wurde genau das vor kurzem erst durchgeprobt.

Hoffen wir für heute Abend also auf ein schönes Fußballspiel, einen erfolgreichen Ausgang für unsere Eintracht und ein friedliches Ambiente – im Stadion und in ganz Berlin.