Seit nicht einmal einem halben Jahr spielt Emil Berggreen jetzt bei Eintracht Braunschweig. Erst. Und schon will der junge Mann schon wieder weg, scheint es. Der Hamburger SV soll gerufen haben, und Emil würde dem Ruf nur zu gern folgen. Die Leopedia, Euer Online-Fachmagazin für Sitte und Anstand, hat sich den Fall einmal angeschaut. Denn wir finden, dass er irgendwie exemplarisch ist für den modernen Fußball.
Als Emil Berggreen Anfang Februar vom dänischen Erstligaaufsteiger Hobro IK zur Eintracht kam, hatte den 21jährigen, das darf man wohl behaupten, niemand sonst auf dem Zettel. Auch der Hamburger SV, der sich jetzt so vehement um Berggreen bemüht, nicht. Es war eine Verpflichtung, die typisch ist für die Eintracht – ein unbekannter Spieler, unverdorben und potentialreich, bekommt eine Chance. Berggreen hat sie genutzt. 13 Einsätze, zumeist als Joker, 5 Treffer, dazu die Berufung in die dänische U21-Mannschaft. Kein Wunder also, dass der Angreifer auch anderen aufgefallen ist. Aber Berggreen hat in Braunschweig noch Vertrag, vor 2017 geht da gar nichts. Es sei denn, ein Interessent kauft ihn aus diesem Vertrag heraus.
Dass Fußballer trotz laufenden Vertrags den Verein wechseln, ist nicht ungewöhnlich. Voraussetzung ist aber, dass sich alle beteiligten Parteien einig sind. Bei Emil Berggreen ist es nicht so. Der Hamburger SV will den Spieler, heißt es, und der Spieler soll (!) gesagt haben, dass er zum Hamburger SV will. Die Eintracht dagegen, die auf dem Transfermarkt bisher nicht sonderlich zugeschlagen hat, hat kein Interesse an einem Verkauf. Vor allem nicht zum kolportierten Preis, denn gleichwertigen Ersatz bekommt man dafür nicht. Zur Erinnerung: der Spieler ist 22 Jahre jung, dänischer U21-Nationalspieler und hat als Joker in 650 Minuten fünfmal getroffen. Auf die Saison hochgerechnet (was natürlich Blödsinn ist, aber eine nette Spielerei), ist Emil Berggreen also gut für 24 Saisontore in der zweiten Bundesliga. Das ist schon eine Hausnummer.
Das Verhalten des Hamburger SV und des Spielers sind ärgerlich – vorausgesetzt, die Transfergerüchte stimmen. Der “Dino” hätte in so einem Fall bereits recht konkret mit dem Spieler verhandelt bzw. ihm ein aussagekräftiges erstes Angebot gemacht. Das ist höchst unprofessionell, denn natürlich hätte der HSV zuallererst mit dem Verein sprechen müssen, bei dem der Spieler noch mindestens zwei Jahre unter Vertrag steht. Dass der HSV sich nicht an die Etiquette hält, ist in der Situation, in der sich die Hamburger befinden, nicht verwunderlich. Der Klub hat kein Geld, um Namen zu verpflichten. Gleichzeitig verfügt man offensichtlich über kein sonderlich gutes Scouting-Netz, denn sonst wäre der Spieler Berggreen den Hamburgern sicherlich vor Eintracht Braunschweig aufgefallen. Der Fall Berggreen offenbart den jämmerlichen Zustand, in dem der HSV sich 2015 befindet.
Ärgerlich ist aber auch die Reaktion des Spielers (wir wiederholen uns: so sie stimmt), die zumindest als unüberlegt gelten muss. Denn Emil Berggreen hat jetzt ein kräftiges Akzeptanzproblem. Es ist anzunehmen, dass Berggreen im vergangenen halben Jahr verstanden hat, wie die Fans in Braunschweig ticken. Hier geht es nicht um Killefitz, die Leute wollen ehrliche Arbeit. Spieler, die sich mit dem Verein wenigstens so weit identifizieren, dass sie den Extrameter gehen, den Extraspurt einlegen und es schon irgendwie geil finden, für die Eintracht und ihre Fans spielen zu dürfen. Die Zeiten, in denen Fußballer mit ihren Vereinen verheiratet waren, sind vorbei, das wissen wir alle. Aber reine Söldnermentalität kommt gerade bei Traditionsvereinen äußerst schlecht an. Ist Emil Berggreen ein “Söldner”? Zumindest spielte er auch für Hobro IK lediglich ein halbes Jahr, bevor er zur Eintracht wechselte.
Es ist zu wünschen, dass die Posse bald ein Ende findet. Idealerweise, indem der Spieler erklärt, dass er in seiner Abwesenheit falsch zitiert wurde und keinen Wechsel zum Hamburger Chaosclub (entschuldigt, liebe HSV-Fans, aber etwas Netteres fällt uns momentan nicht ein) anstrebt. Dass der HSV ihn gar nicht angesprochen hat. Und dass er heiß ist auf die kommende Saison, in der es für die Eintracht schließlich darum geht, sich weiter zu verbessern und mindestens Platz fünf zu erreichen. Dann werden die Fans ihm das Missverständnis sicherlich nachsehen.
Und vom Hamburger SV wäre es nett zu hören, dass nichts dran ist am Interesse an Emil Berggreen. Dass die Hamburger Redaktion der BILD hier lediglich die Flöhe husten hörte, dass man sich natürlich an die Gepflogenheiten unter deutschen Proficlubs hält und im Falle eines Interesses zuerst bei Marc Arnold anrufen werde. Falls sich der HSV aber doch so unprofessionell verhalten haben sollte und vor der Eintracht mit dem Spieler gesprochen hat, wäre eine aufrichtige Entschuldigung nett: “Sorry, dass wir bei Euch zweieinhalb Wochen vor dem Saisonstart so eine Unruhe hereingebracht haben!” Dann noch das Versprechen, dass so etwas nie wieder passiert. Ist doch nicht zuviel verlangt unter Freunden, oder?