Mit der Unterschrift von Joseph Baffo unter das blaugelbe Arbeitspapier gestern am späten Abend sind die Personalplanungen der Eintracht für die anstehende Zweitligasaison weitestgehend abgeschlossen. Lediglich der Dresdner Quirin Moll steht noch auf dem Wunschzettel des BTSV, aber hier scheint es so, als sollte ein Transfer an der sportlichen Leitung Dynamos scheitern, die den Spieler partout nicht abgeben möchte. Das ist natürlich genauso legitim wie Eintrachts Weigerung, den Stürmer Emil Berggreen trotz laufenden Vertrags zum Hamburger SV ziehen zu lassen. Der Braunschweiger Kader steht also. Zeit für eine erste Bewertung und Einschätzung.
Wer ging?
Die Abgänge waren nicht ohne. Sportlich schmerzen die Abgänge von Benni Kessel (Union Berlin), Havard Nielsen (Leihende, zurück nach Salzburg) und Vegar Eggen Hedenstad (Leihende, zurück nach Freiburg) sicherlich am meisten. Menschlich fehlen werden die Oldies Marjan Petkovic (Karriereende?), Dennis Kruppke (Karriereende) und Deniz Dogan (soll die Zweite Mannschaft führen), aber auch die Demissionen der Aufstiegshelden Norman Theuerkauf und Matthias Henn bedauern viele Fans. Der vergangene Saison begonnene Umbruch ist also in vollem Gang.
Wer kam?
Es dauerte ein wenig, bis deutlich wurde, welche Transferpolitik Eintracht fährt. Man bleibt dabei, dass neue Spieler den finanziellen Rahmen nicht sprengen dürfen und ins Mannschaftsgefüge passen müssen. Gleichzeitig sucht man ganz gezielt nach Verstärkungen für die vakanten Positionen, die bestmöglich ins Team passen und es qualitativ verbessern. Diese Suche dauert. Parallel dazu verbessert Eintracht seine Nachwuchsarbeit fortlaufend. Ziel ist es, zukünftig noch stärker aus den eigenen Reihen rekrutieren zu können und weniger “zukaufen” zu müssen. Dieses Konzept ist angesichts komplett überhitzter Märkte und lokaler Limitierungen zweifelsohne richtig. Die wirklich spannenden, zukunftsweisenden Transfers spielen sich bei Eintracht also in der U15 oder U17 ab und können von uns nur schwer bewertet werden.
Schauen wir also auf die Neuen für Eintrachts Bundesligamannschaft:
Für die Torhüterposition wurde mit Jasmin Fejzic ein alter Bekannter zurückgeholt. Jasmin spielte bereits von 2007 bis 2009 für den BTSV und wäre damals gern geblieben. Allerdings hatte Eintrachts Ex-Coach Benno Möhlmann etwas dagegen und setzte den Keeper lieber in Fürth auf die Bank, als ihn an der Oker zu lassen. In Fürth kam Fejsic dann auch nur auf zwei Zweitligaeinsätze und eine Partie im Pokal – zum Stammkeeper avancierte der Bosnier erst wieder beim VfR Aalen, zu dem er nach Fürths Bundesligaaufstieg wechselte. Bei Eintracht soll Jasmin Fejzic Stammkeeper Rafal Gikiewicz Dampf machen. Einsätze als Nummer eins sind keine Utopie!
Ebenfalls aus Aalen kommt Außenverteidiger Phil Ofosu-Ayeh. Der Wilhelmshavener hat beim Ostalb-Team eine starke Saison hingelegt und ist nicht nur defensiv stark, sondern verfügt dazu noch über Talente in der Spieleröffnung. Ofosu-Ayeh ist also der Ersatz für Benni Kessel – und nach ersten Eindrücken sogar mehr als das. Phil ist eine Stammposition absolut zuzutrauen.
Aus Aue holte Eintracht Patrick Schönfeld. Der gebürtige Franke war dort uneingeschränkte Stammkraft, der zentrale Mittelfeldler gilt allerdings nicht als sonderlich torgefährlich. Bei bisher 104 Einsätzen in der zweiten Liga traf er erst fünfmal. Schönfelds Stärken liegen eher in der Spieleröffnung, dazu ist er ein guter Vorbereiter. Als fleißiger Arbeiter vielleicht genau der Richtige für unser Mittelfeld.
Als Königstransfer bezeichnen manche den Wechsel von Adam Matuschyk, der vom 1.FC Köln zur Eintracht stieß. Der 26jährige ist ehemaliger polnischer Nationalspieler und gilt auf der Sechser-Position als gesetzt. Talent hat Matuschyk ohne Ende – wenn sich der Spieler bei Eintracht wohl fühlt, steht seinem Comeback (der FC hat zuletzt kaum noch auf ihn gesetzt) nichts im Weg.
Im Sturm drückte zuletzt der Schuh, und der Abgang von Havard Nielsen, der zurückgerufen wurde zu RB Salzburg, hatte die Situation sicherlich nicht vereinfacht. Es musste also ein Stürmer her, dem man zutrauen kann, dass er sich in der zweiten Bundesliga durchsetzt und noch Potential nach oben hat. Fündig wurde Eintracht bei Hobro IK in der dänischen ersten Liga, der 22jährige Mads Hvislom gilt als Wunschspieler Lieberknechts. Geht es nach dem Trainer, sorgt künftig ein rein dänischer Sturm für die Eintrachttore, denn Hvilsoms Sturmpartner wird Emil Berggreen sein, dem der Wechsel zum Hamburger SV verwehrt wurde. Auch Berggreen hat vor seinem Wechsel zur Eintracht bei Hobro IK gespielt, die beiden Stürmer kennen sich also. Sportlich ergänzen sie sich – während Berggreen ein typischer Mittelstürmertyp ist, gilt Hvilsom als beweglich und technisch versiert. Das wird spannend!
Als vorerst letzten Neuen werden die Eintracht-Verantwortlichen bald Joseph Baffo vorstellen. Der Innenverteidiger wurde kürzlich mit der U21 Schwedens Europameister, konnte mit Helsingborgs IF bereits nationale Titel feiern. Der 22jährige ist 1,85 Meter groß, gilt als zweikampf- und kopfballstark und kommt von Halmstads BK. Seine Verpflichtung darf als Zeichen der gewachsenen Wertschätzung Eintrachts gelten, denn an Baffo waren einige namhafte andere Vereine interessiert, darunter auch Erstligisten. Baffo entschied sich trotzdem für die deutsche zweite Liga und für die Eintracht.
Gern verpflichtet hätten die Braunschweiger Quirin Moll von Dynamo Dresden. Mit dem 24jährigen defensiven Mittelfeldspieler / Innenverteidiger war sich Eintracht bereits einig, auch der Aufsichtsrat der Dresdner hatte sein “Da!” bereits gegeben. Die sportliche Leitung allerdings will auf Moll nicht verzichten und verweigert dem Spieler die Freigabe. Ein Jammer, denn natürlich muss ein Moll für die Eintracht spielen!
Nicht vernachlässigen darf man bei der Betrachtung den eigenen Nachwuchs der Löwen. Denn die verbesserte Jugendarbeit erlaubt es Eintracht, immer öfter talentierte Spieler in die Zweitligamannschaft hochzuziehen – und das nicht nur als Quotenerfüller, sondern mit Einsatzzeiten. Von Julius Düker, Gerrit Holtmann, Maximilian Sauer, Dennis Slamar, Marcel Engelhardt und Niko Kijewski werden wir sicherlich noch einiges hören.
GuV:
Von der Papierform her hat sich Eintracht nicht verschlechtert. Im Gegenteil wirkt das Team schwerer ausrechenbar, die Qualität wurde auch in der Breite verbessert. Durch die Neuen hat Lieberknecht mehr Möglichkeiten bekommen, auch taktische. Dass Todde gern anders spielen lassen würde als zuletzt, ist kein Geheimnis. Unsere Prognose lautet daher: Platz fünf oder besser!