Die Braunschweiger Zeitung ist eine Regionalzeitung wie man sie sich wünscht. Ein starker Lokalteil informiert über alles, was in Braunschweig und umzu passiert ist und noch passieren wird. Die ausführliche Sportberichterstattung über sämtliche Sportarten und Spielklassen lässt regelmäßig keine Wünsche offen. Und die differenzierten, pointierten und gern auch mal kontroversen Kommentare (bevorzugt, aber nicht nur, von Redaktionsleiter Henning Noske) sind nicht nur lesenswert, sondern erweisen sich immer wieder als unverzichtbar für die Diskussionskultur in der Löwenstadt. Zuletzt glänzte die BZ mit ihrem Themenspecial zum Jubiläum des Braunschweiger Schlosses bzw. der Schlossfassade und dem, was sich dahinter verbirgt. Ja, ich gebe es zu: ich bin ein Fan der Braunschweiger Zeitung!
Aber wo viel Licht ist, gibt es auch Schlagschatten. Und dieser Schatten trägt gern die gleichen zwei Buchstaben: VW. Wenn es um den Autobauer geht, verwechselt die BZ kritischen Qualitätsjournalismus leider auch mal mit einer fröhlichen PR-Veranstaltung. Das ist einerseits nicht verwunderlich: der Konzern ist der wichtigste Arbeitgeber der Region Braunschweig und stellt in Zeiten sinkender Abo- und Verkaufszahlen eine verlässliche Größe, nicht nur als Anzeigenkunde, dar. Andererseits ist Volkswagens Macht und Einflussnahme vielen ein Dorn im Auge, die nicht nur die wirtschaftliche Seite sehen, sondern auch die gesellschaftliche, politische. Denn eine Autofabrik ist kein demokratisch legitimierter Volksvertreter und handelt natürlich aus ureigensten Interessen. Das ist nicht verwerflich. Presse und Politik aber haben die Aufgabe, diese Handlungen konstruktiv-kritisch zu verfolgen. Ob das auch immer so geschieht, darf diskutiert werden.
Eine scheinbar peinliche Presse-Panne leistete sich in diesem Zusammenhang jetzt ausgerechnet Hans-Dieter Schlawis. Der Sportchef der BZ leitete seinen Spielbericht vom 3:1-Erfolg der Eintracht ein mit der Formulierung, es habe ein “Konzern-Duell zwischen Volkswagen und Audi” stattgefunden. Haben wir da etwas nicht mitbekommen? Seit wann ist Eintracht Braunschweig ein Teil des Volkswagen-Konzerns? Bisher ist lediglich bekannt, dass sich der Autobauer den ehemals unabhängigen Verein VfL Wolfsburg einverleibt hatte und seine jetzt 100%ige Tochter seit langen Jahren mit unvernünftig hohen Subventionen in der Fußball-Bundesliga hält – das Gesamtvolumen der verbrannten Gelder wird mittlerweile auf etwa 1,3 Milliarden Euro geschätzt. Im Gegenzug bekommt Volkswagen Negativ-Werbung vom Feinsten. PR-Fachleute schütteln hier seit langen Jahren nur den Kopf, aber für Volkswagen scheint der Werbe-Effekt nebensächlich – es geht offensichtlich eher um das Schaffen und nachhaltige Pflegen weicher Standortfaktoren.
Jetzt aber ist auch die Braunschweiger Eintracht Teil des Konzerns? Schwer zu glauben, denn bisher hatten wir Löwen doch immer das Gefühl, dass Präsident Sebastian Ebel den Spagat zwischen dem wichtigen Sponsorship der Volkswagen Bank und der trotzdem gewährleisteten Unabhängigkeit der GmbH % Co. KGaA vom übermächtigen Big Brother Volkswagen recht gut hin bekommt.
Befeuert wurde das Konzern-Duell-Gerede allerdings durch einen unerträglichen “Freundschaftsschal”, den nicht nur Sebastian Ebel, sondern auch die auf der Tribüne versammelte Konzernspitze, namentlich VW-Chef Martin Winterkorn und sein Audi-Pendant Rupert Stadler, öffentlich zur Schau trugen. Freundschaft mit Ingolstadt? Mit einem Verein, der bemerkenswerte Parallelen zum VfL Wolfsburg aufweist, was fehlende Tradition, massiv unsportliches und unvernünftiges Sponsoring und das weitgehende Ingnorieren seitens des zahlenden Publikums angeht (der FC Ingolstadt 2004 hatte in der gerade abgelaufenen Saison einen Schnitt von 7.500 Zuschauern und befindet sich im Ranking damit auf dem letzten Platz der zweiten Bundesliga)? Nein, eine Freundschaft ist mit einem solchen Kunstprodukt nicht möglich.
Eintracht Braunschweig steht heute für das genaue Gegenteil. Auch und gerade, weil wir die Leidensgeschichte Jägermeister hautnah erlebt haben: die totale Dominanz eines Sponsors, der mit seinen Geldern dem Verein zwar vorläufig neues Leben einhaucht, mit seiner Unkenntnis der Materie aber sämtliche Strukturen zerstört und nach seinem Abzug eine leere Hülle hinterlässt. Nein, so etwas wollen wir nie wieder. Ganz sicher nicht.
Eintrachts Präsident Ebel wird sich fragen lassen müssen, wie er auf die Schnapsidee kommen konnte, mit einem solchen Schal vor die Kameras zu treten. In die gleiche Richtung geht die Frage an BZ-Sportchef Hans-Dieter Schlawis: welcher Teufel hat Sie geritten, bei einer solchen Partie von einem Konzern-Duell zu schreiben? Sie kennen die Eintracht-Szene sehr gut. Und sie wissen um die Empfindungen der Fans. Die Heftigkeit der Reaktionen wird Sie also nicht überraschen. Bitte nutzen Sie die Kommentarfunktion.
Ein Bekannter aus Braunschweig hat mich heute auf diesen Erguss aufmerksam gemacht und ich kann das so nicht stehen lassen. Eines vorweg: Es geht mir nicht um das Thema “Konzernduell”.
Es bedarf schon fortgeschrittener Dreistigkeit, in einem Text über die Grundpfeiler des Journalismus zu schwadronieren und wenige Zeilen später Polemik und schlecht bis garnicht recherchierte “Fakten” über einen sportlichen Gegner von sich zu geben. (Stichwort “bemerkenswerte Parallelen zum VFL Wolfsburg”)
Wes’ Geistes Kind der Autor ist, stellt er dann auch mit der Auswahl des Bildes inkl. hämischer Bildunterschrift unter Beweis: Das Bild wurde vor (!) der Ankunft dreier Busse mit FCI-Fans im Block aufgenommen. Seine “Argumentation” mit solchen fiesen Tricks zu untermalen sagt Alles über den Stil des Schreibers aus.
Um sich wirklich mit dem Thema FCI auseinander zu setzen (die Fusion zweier Traditionsvereine 2004 war für viele Ingolstädter sehr schmerzhaft, Audi hatte aber rein garnichts damit zu tun) würde es allerdings eines Horizonts bedürfen, der über die niedersächsische Provinz hinausreicht. Ein bisschen hämischer Dünnschiss und Lehrmeister-Gelaber (Wir mit unserer Jägermeister Vergangenheit), mit dem Zweck die gelb-blaue Traditionsseele zu streicheln, greift da einfach zu kurz.
Zum Glück haben wir am Wochenende viele Braunschweiger getroffen, die mehr auf dem Kasten haben. Eine Freundschaft ist hier übrigens durchaus vorstellbar.
Sportliche Grüße,
ein Schanzer