Geben wir es doch einfach mal zu: für uns, die wir der alten Schule angehören, also älter als 25 Jahre sind und vielleicht sogar noch eine Fankutte im Schrank hängen haben, sind die Ultras doch ein komplettes Geheimnis. Ihre Art, die Mannschaft anzufeuern, ist uns fremd. Wir verstehen nichts von den Hintergründen dieser Subkultur – und die Populär-Medien tun auch nichts dafür, dass es besser wird. Denn hier, in Bild, Stern, RTL, wird Ultra beinahe schon als Synonym für eine neue Art Hooliganismus verwendet. Dabei ist die Ultraszene absolut faszinierend – und so weit von Hooligans entfernt, wie es überhaupt nur möglich ist.
Um das zu verstehen, haben die regelmäßigen Stadionbesuche, bei denen man als “Normalo” – vor allem als ehemaliger Gegengerade-Steher – ja doch nur Außenstehender und Beobachter ist, bei mir nicht ausgereicht. Einen echten Einblick in die Szene, in die Art und Weise, wie unser Nachwuchs so tickt, bot mir dagegen das Buch “Ultras im Abseits? Porträt einer verwegenen Fankultur”, so eine Art Ultra-Verständnis-Crashkurs. Die Herausgeber Martin Thein und Jannis Linkelmann haben für das 270 Seiten dicke Buch eine Vielzahl einzelner Aufsätze gesammelt. Zu Wort kommen dabei Fanbeauftragte, Polizisten, Journalisten, Wissenschaftler – aber eben auch Ultras. Und jeder einzelne Aufsatz ist lesenswert und schafft es, das Mysterium Ultra aus einer anderen Perspektive zu beleuchten.
“Ultras im Abseits” bekommt von mir beinahe die volle Punktzahl. Leichte Abzüge in der B-Note gibt es lediglich für die manchmal schwer zu lesende Schreibe der mitwirkenden Wissenschaftler und für das Foto auf Seite 249. Mein Fazit: wer ein echtes Interesse daran hat zu verstehen, was Ultras überhaupt sind, wie die Szene tickt und was sie bewegt, der kommt an diesem Buch nicht vorbei. Wer seine Vorurteile nicht durch neues Wissen riskieren will, lässt besser die Finger davon.