Ein erstklassiges Frühstück!

Es ist ein wenig wie bei Herrn Pawlow und seinem Hund. Kaum verpflichtet Eintracht Braunschweig einen neuen Spieler, schon tönt es aus der zuletzt merklich angewachsenen Fanschar: “Nicht erstligatauglich!”. Woher diese Stimmen das wissen? Ich habe keine Ahnung. Und die auch nicht. Trotzdem: wenn Eintracht mit Timo Perthel den vierten Neuzugang für die kommende Saison präsentiert, wird auch er erst einmal das zweifelhafte Prädikat “nicht erstligatauglich” erhalten.

Was aber macht einen solchen erstligatauglichen Fußballspieler aus? Wenn man dem Grundrauschen unserer Internetforen und Facebookgruppen glauben darf, muss ein solcher Spieler mindestens drei, besser vier volle Saisons in der Bundesliga (oder einer vergleichbaren Spielklasse) am Ball gewesen sein. Nicht auf der Bank, versteht sich, denn dann wäre er ja nur erstligabanktauglich. Nationalspieler könnte er sein – nicht zwingend für Deutschland, aber doch bitte nicht für Takatuka oder Obervolta (da schaut der Eintracht-Fan ganz genau hin). Und – ganz wichtig – er darf nichts kosten. Denn bereits die Ablösesumme für Jan Hochscheidt war mit 400.000 Euro bekanntlich viel zu hoch. Und überhaupt, der ist ja sowieso nicht erstligatauglich.

Das Blöde ist nur, dass Eintracht solche Spieler, die die geforderten Kriterien erfüllen, (noch?) nicht bezahlen kann will. Ein wichtiger Grund für die Erfolge der vergangenen Jahre ist, dass es dem Verein gelungen ist, eine homogene Mannschaft zu formen. Es gibt keine Stars, es gibt keine Millionarios. Natürlich verdient nicht jeder Spieler das gleiche, aber das Lohngefälle ist vergleichsweise harmlos und simpel erklärbar. Kein Neid, keine Missgunst, das ist extrem selten – im deutschen Profifußball vielleicht sogar einmalig. Ein “erstligatauglicher” Spieler, der bereits mehrere Jahre in der Bundesliga spielte, würde das Gehaltsgefüge kräftig durchrütteln und müsste deshalb schon ein deutlicher Leistungsträger sein, wenn Neid und Missgunst auch weiterhin vor Wenden umdrehen sollen. Sind solche Spieler aber überhaupt ablösefrei auf dem Markt? Das müssten sie, denn die hohen Ablösesummen, die in der Bundesliga bereits für durchschnittliche Spieler gezahlt werden, kann Eintracht nicht guten Gewissens finanzieren. Außerdem bedeutet “ablösefrei” ja nicht, dass lediglich Gehaltskosten anfallen – der Spieler und sein sicherlich vorhandener Berater lassen sich einen ablösefreien Wechsel gern mit einem Handgeld versüßen, das nicht selten den geschätzten Marktwert des Spielers widerspiegelt. Solche Spieler sind also nichts, was der BTSV sich leisten kann – und leisten sollte.

Eintracht lebt seit einigen Jahren eine eigene Philosophie. Die besagt, dass Spieler zum Verein passen müssen. Menschlich, sportlich, finanziell. Auch jetzt, nach dem Bundesligaaufstieg, verlässt der Klub diesen Weg nicht. Das ist nicht nur sympathisch, sondern sogar verdammt clever. Denn egal, wie diese Saison endet, ob wir den Klassenerhalt schaffen oder nicht, Eintracht wird diese Saison genutzt haben, um weitere Strukturen zu schaffen. Die Leopedia, Euer Online-Fachmagazin für Tarotkarten, Kaffeesatz und Kristallkugeln, wagt den Ausblick: zurück in die dritte Liga wird diese Eintracht nicht wieder müssen – wenn sie diesen Weg weitergeht. Hier entsteht etwas Nachhaltiges, Belastbares, das auf mittelfristige Sicht nur erfolgreich sein kann. Warum? Weil andere es nicht tun und lediglich den kurzfristigen Erfolg suchen. An solchen Vereinen zieht Eintracht gerade vorbei. Vielleicht noch nicht in der Tabelle sichtbar, aber das wird es bald sein. Bis es soweit ist, bleibt uns Fans nur, die Füße stillzuhalten. Wir müssen dem Team aus Präsident Ebel, Manager Arnold und Trainer Lieberknecht (um nur diese drei zu nennen) vertrauen. Warum auch nicht? Bisher sind wir damit hervorragend gefahren. Eintracht ist erstklassig!