Jugendfußball ist kein PonyhofDie Nachricht schlug ein wie eine Bombe: vier Spieler der A-Jugend, trotz jüngeren Jahrgangs allesamt Stammpersonal, hatten sich vom Verein abgemeldet. Ohne Vorwarnung, kurz vor Ende der Winter-Wechselfrist. Die akut abstiegsgefährdete Mannschaft, soviel war schnell klar, würde diese Abgänge nicht adäquat kompensieren können. Denn quasi über Nacht vier Spieler zu finden, die das Team qualitativ aufwerteten und dazu auch noch Lust auf einen Vereinswechsel hätten, das ist ein Ding der Unmöglichkeit – mal ganz abgesehen davon, dass es anderen Vereinen gegenüber auch nicht gerade nett wäre, ihnen in letzter Sekunde noch Leistungsträger abzujagen.

Der Wechsel dieser vier Spieler sorgte im gesamten Klub für Unmut und warf in der regionalen Fußballszene eine zentrale Frage auf: „Warum verließen vier begabte junge Fußballer eine hochklassig spielende Mannschaft und schlossen sich einer vermeintlichen Feierabendtruppe an, die mehrere Ligen tiefer auf dem drittletzten Platz rangiert?“ Die Jungs hatten ihren Fortgang damit begründet, dass der bisherige Zeitaufwand ihnen zu groß geworden sei. Das ist allerdings unwahrscheinlich. Denn der neue Verein trainiert genauso häufig wie der alte Klub, dazu ist die Entfernung vom jeweiligen Heimatort zur neuen Wirkungsstätte beinahe identisch.  Lediglich die Entfernung zu Auswärtsspielen ist kürzer geworden – meinten sie das etwa? Vom Prestige her hat sich das Quartett allerdings massiv verschlechtert – der bisherige Verein ist weit über die Landesgrenzen bekannt, der neue dagegen noch nicht einmal im Umkreis jedem ein Begriff.

Eigentlich ist die Erklärung ganz einfach. Einer der Spieler hatte mittlerweile nämlich ziemlich detailliert im Freundeskreis erzählt, warum er Hals über Kopf und freiwillig mehrere Ligen hinabstieg: der „kleine“ Verein bezahlt ihn. 150 Euro im Monat sollen es sein. Dazu durfte er sich zwei Paar Fußballschuhe (Wunschmarke) aussuchen und erhielt noch einiges an Ausrüstung, die er auf jeden Fall behalten dürfe. Argumente, die dann wohl bereits in der A-Jugend ziehen und denen der bisherige Klub lediglich die sportlich reizvollere Aufgabe, das höhere Ansehen und die zur Saison gegebene Zusage entgegensetzen kann. Nichts wirklich Schlagkräftiges also.

Auf wen will man in dieser Geschichte sauer sein? Auf die Jungs, die als Schüler oder Lehrlinge nicht viel Geld haben und die die Möglichkeit nutzen, sich ein paar Mäuse nebenbei, BaT, zu verdienen? Oder doch eher auf den „kleinen“ Verein, der dank eines lokalen Gönners kurzzeitig die Taschen aufmachen und diese Jungs anwerben kann? Oder ist das alles sogar komplett okay, denn Geld regiert nun einmal die Welt?

So oder so, der Vorfall hinterlässt im Grunde nur Verlierer. Der abgebende Verein wird beim Kampf um den Klassenerhalt in der hohen Liga einiges an Chancen eingebüßt haben – es war vorher schon eine schwere Aufgabe, jetzt dürfte sie wohl unlösbar geworden sein (auch, weil der Kader jetzt nur noch 14 Spieler umfasst). Der neue Klub hat eine Erwartungshaltung geschaffen, an der sich aktuelle und zukünftige Aktive orientieren werden – keine Kohle, keine Spiele. Und wenn der Gönner mal nicht mehr will, ist die Party sowieso vorbei. Aber auch die vier Spieler sind Verlierer, denn sie sind sportlich mehrere Schritte zurückgegangen. Auf das Niveau, auf dem sie bisher waren, werden sie wohl nicht zurückkehren können – weil die lokale Fußballszene ihr Urteil mittlerweile gefällt hat und weil es nur sehr wenige Vereine gibt, die auf einem derart hohen Level spielen wie ihr Ex-Klub. Und der wird ihnen keine zweite Chance geben, dafür wurde zu viel Porzellan zerschlagen.