Derbyzeit in Braunschweig - Foto vom abseitsmagazinAn dieser Stelle wollte ich eigentlich einen launigen, netten Vorbericht zum anstehenden Niedersachsenderby veröffentlichen. Ich wollte von Vorfreude schreiben, von angespannter Erwartung. Von Bock auf Fußball. Sorry, das kriege ich gerade nicht hin. Denn die Vorzeichen dieses Spiels, des einzigen echten Niedersachsenderbys, sind beschissen.

Fangen wir einmal an mit der Stimmung in diversen Medien. Nachdem man es beim Hinspiel nicht geschafft hatte, eine Eskalation herbeizureden, wird diese Taktik jetzt noch einmal forciert. Jeder Bericht beginnt oder endet mit der Behauptung, bereits beim Hinspiel wäre die Welt untergegangen. Tja, blöd nur, dass die Polizei in Hannover das Ding eigentlich ganz gut im Griff hatte. Und der behauptete Stadionsturm der Eintrachtfans fand nicht statt. Im Gegenteil waren Hannovers Kassen- und Ordnungskräfte derart überfordert, dass sie selbst die Fans unkontrolliert und -gelenkt ins Stadion ließen. Das allerdings ist nichts Neues. Ich kann mich an kein einziges Spiel der Eintracht in Hannover erinnern, bei dem meine Eintrittskarte entwertet worden wäre. Halt, doch. Bei Arminia bekommen sie das hin. Für einige Medienvertreter aber sind die eher harmlosen Reibereien (die es auch z.B. bei Augsburg gegen Freiburg gibt, nur wird es dort nicht extra betont) des Hinspiels Grund genug, das Schlimmste zu erwarten. Die eine oder andere Zeitung beweist dann auch gern einmal die eigene Ahnungslosigkeit und fordert eine finanzielle Beteiligung der Vereine an den Polizeikosten. Doof, wenn man nicht weiß, dass die Vereine ein Vielfaches dieser Polizeikosten an direkten und indirekten Abgaben leisten. Aber Polemik ist etwas, das eben immer funktioniert. Schließlich gibt es genügend Fußballhasser, die sofort auf den Zug aufspringen. Dass die ebenfalls keine Ahnung von den Realitäten haben… geschenkt.

Leider haben die apokalyptischen Schreiber vor kurzem neues Futter bekommen, eine geplante “Fan-Demo”, bei der Teile der 96-Supporterschaft gegen die Praxis der Ticketvergabe protestieren wollten. Diese Demo sollte nicht in Hannover stattfinden, wo sie hingehört – immerhin hat der Verein Hannover 96 die Kartenvergabe reglementiert, nicht die Eintracht – sondern in Braunschweig. Am Spieltag. Am Hauptbahnhof. Zur Hauptanreisezeit. Dass an so einer Geschichte hauptsächlich Leute teilnehmen, die (manchmal wohl aus guten Gründen) kein Ticket bekommen haben, ist klar. Mit dieser Demo, das darf unterstellt werden, wollte der gewalttätige Kern der hannoverschen Szene seinen Leuten ein Alibi verschaffen, trotz fehlenden Tickets nach Braunschweig reisen zu dürfen. Wer jetzt glaubt, dass dieser durchsichtige Plan von Stadt und Polizei mit einem breiten Grinsen abgebügelt wurde, irrt: trotz umfassender Sicherheitsbedenken der Polizei hat die Stadt Braunschweig den Wahnsinn genehmigt. Allerdings hat man zwei, drei Kleinigkeiten verändert: so darf nicht durch die Stadt marschiert werden, sondern nur lokal begrenzt protestiert. Und der Zeitpunkt wird nicht von 12 bis 14 Uhr sein, sondern von 14 bis 16 Uhr. Immer noch in der Hauptanreisezeit also. Und das Hauptproblem, dass potentiell gewalttätige Menschen einen Vorwand haben, sich am Spieltag in der Stadt aufzuhalten, bleibt auch bestehen. Sorry, aber: wie dämlich kann man sein? Hier hätte es allein wegen der offensichtlichen Motivation und Gefahrenlage ein klares NEIN geben müssen.

Apropos Polizei… denke, eine solche Polizistendichte gibt es noch nicht einmal auf der Davidswache: 3000 Uniformierte werden vor Ort sein, bei dann offiziell 23.200 Zuschauern. Das bedeutet, dass auf 7,73 Zuschauer ein Polizist kommt. So etwas habe ich noch nicht erlebt. Und ich weiß nicht, ob ich es erleben möchte. Und die Polizei hat an einem Sonntag auf so etwas sicherlich auch keinen Bock.

Zusätzlich angespannt wird die Situation aber auch noch durch die Handlungen freiwilliger Gehirnspender, die leider dem blaugelben Lager zuzuordnen sind. Ein totes Tier an den Zaun des 96-Trainingsgeländes hängen… hallo? Sind Eure beiden letzten Gehirnzellen gerade auf Urlaub? Wir LIEBEN Eintracht – mit solchen Drecksaktionen schadet man dem Verein und seinem Ansehen aber enorm! Nicht IHR seid wichtig – EINTRACHT ist wichtig. Also zurück in die Höhle mit Euch, Ihr seid keine Löwen! Meine Fresse, habe ich einen Hals auf Euch…

Der große Diplomat und Integrationsbeauftragte Peter Gagelmann pfeift das Derby... (Foto: abseitsmagazin)
Der große Diplomat und Integrationsbeauftragte Peter Gagelmann pfeift das Derby… (Foto: abseitsmagazin)

Was mir dann noch das letzte bisschen Freude auf das Derby nahm, ist die Schiriansetzung des DFB. Für eine solche Partie wünscht man sich gemeinhin einen besonnenen, zurückhaltenden, diplomatischen Schiedsrichter. Jemand, der Feuer löscht, sie nicht anzündet. Der DFB entschied sich allerdings für Peter Gagelmann aus Sebaldsbrück. Bremens Quotenbundesligaschiedsrichter ist bekannt für selbstdarstellerische Tendenzen und hat sich bereits häufiger mit Torsten Lieberknecht angelegt – ein Duell, bei dem der Trainer laut Drehbuch nur verlieren kann, denn Schiedsrichter müssen schon, so wie einst Robert Hoyzer, massiv Mist bauen, bevor der DFB reagiert. Selbst Tobias Stieler pfeift nach wie vor Bundesligaspiele. Im Grunde wissen wir also alle, was am Sonntag beim Spiel passieren wird: Gagelmann übernimmt die Hauptrolle, verteilt vogelwild Karten, schickt Lieberknecht spätestens zur 67. Minute auf die Tribüne. Und wenn der Peter in Höchstform ist, gibt er den Gästen noch einen unberechtigten Elfer in der Nachspielzeit – oder bricht das Spiel ab, sobald irgendwo Pyro zu sehen ist.

Ich bin froh, wenn dieses Derby vorbei ist. Es gibt zu viele Bekloppte, zu viele Idioten. Wer den Löwen im Herzen trägt, hilft am Sonntag mit, die Kuh vom Eis zu bringen. Wir bleiben friedlich, egal was passiert. Und wenn wir mitbekommen, dass ein Blaugelber Mist baut, müssen wir eingreifen. Deutschland schaut am Sonntag auf uns, ob wir es wollen oder nicht. Versuchen wir, den Schaden zu begrenzen. EINTRACHT IST ALLES!