Ich gebe gerne zu: als der Horst, der Hrubesch, am Sonntag die Pokalerstrundenpartie Bremer SV gegen Eintracht Braunschweig bekanntgab, tat mein Herz einen Sprung. Um die Ecke, machbar, Tradition – das schoss mir sofort durch den Kopf. Für mich selbst sind der Bremer SV und sein Panzenberg keine Unbekannten – ich habe den BSV in den letzten Jahren oft und gern angeschaut. Denn rein sportlich sind die Blau-Weißen einer der wenigen Lichtblicke einer Oberliga, die streckenweise auf niedersächsischem Bezirksliganiveau herumdümpelt.
Die Erklärung dafür ist schnell gefunden: der Bremer Fußballverband umfasst die Städte Bremen und Bremerhaven (60 km voneinander entfernt) und ist der kleinste Landesverband im DFB. Entgegen aller sportlichen Vernunft besteht der BFV darauf, eine eigene Oberliga zu betreiben. Der Pool an Fußballern, die Oberliganiveau hätten, ist aber natürlich begrenzt. So treffen immer die gleichen Vereine auf überschaubarem Level aufeinander, und der Bremer Meister, der in der Regel die komplette Saison von Vereinen wie dem Habenhauser FV oder VfL 07 (sympathische Vereinsfarben!) kaum gefordert wird, muss nach dem Aufstieg in die Regionalliga (die diesjährige Relegation ist eine
Wiedereinführung) erst einmal kräftig investieren, um das dortige Niveau zu erreichen – oder wenigstens daran zu kratzen. Der FC Oberneuland, der diesen Spagat ein paar Saisons probiert hat, ist daran zugrunde gegangen: das Team wurde in der sechstklassigen Landesliga Letzter, wird wahrscheinlich auf Kreisebene zurückziehen. Dem FC Bremerhaven, der es einst sogar bis in die dritte Liga schaffte, blieb dieses Schicksal zwar erspart, nach einigen ernsthaften Existenzkrisen aber rettete lediglich die Fusion mit Nachbar SC Sparta die Seelöwen vor dem Sturz in die Bedeutungslosigkeit.
Und das ist das wohl größte Problem der Bremerhavener und Bremer Vereine: Geld. Sponsoren zu finden ist im Gebiet des Bremer FV ungleich schwerer als im umliegenden Niedersachsen. Denn Bremen kennt nur einen Verein, den SV Werder. Das zeigt sich auch daran, dass der Bremer FV seinen Sitz im Weserstadion hat (man stelle sich das mal in Niedersachsen vor…). Bremens Nummer zwei ist dann folgerichtig auch die zweite Mannschaft des SVW. Ob FC Oberneuland, Bremer SV, Brinkumer SV etc., keinem ist es in den vergangenen Jahrzehnten gelungen, daran zu rütteln. Und auch in der Seestadt Bremerhaven gibt es keinen Klub, der sich für eine Etablierung in höheren Ligen empfiehlt – der OSC Bremerhaven ist trotz großer Unterstützung aus Wirtschaft und Politik schon fast traditionell schlecht geführt und macht nichts aus seinen Möglichkeiten, und der BSV-Dauerrivale FC (Sparta) Bremerhaven ist zwar hinter dem Bremer SV Vizemeister geworden. Ein Fall für die vierte oder gar dritte Liga sind aber auch die Seelöwen nicht – es fehlt auch hier an so ziemlich allem im Umfeld des Vereins.
Daran knabbert auch der Bremer SV. Das Stadion, der Panzenberg in Utbremen, war lange Zeit mit Unkraut und Büschen überwuchert. Zu den Heimspielen verlieren sich in der Regel weniger als 100 Zuschauer im Rund – die Gegner sind trotz räumlicher Nähe zu unattraktiv, man kennst sich längst viel zu gut, und da ist ja auch noch der SV Werder…
Diese Saison hat der Norddeutsche Fußballverband dem direkten Aufstieg des Bremer Meisters bekanntlich einen Riegel in Form der Relegation mit dem Schleswig-Holstein-Meister VfB Lübeck und Niedersachsens Vizemeister FT Braunschweig vorgeschoben. Noch vor Anpfiff der ersten Partie scherzte mancher: “An der Relegation nehmen zwei Aufsteiger teil und der Bremer Meister”. Nüchtern betrachtet ist dieser Scherz nicht allzu weit von der Realität entfernt – wenn der BSV das kleine Wunder Aufstieg schaffen will, darf er heute Abend bei den Turnern auf keinen Fall verlieren. Wer beide Mannschaften kennt, beziffert die Chancen darauf auf deutlich unter zehn Prozent. Nur noch wenige Stunden, und wir wissen, wohin der Zug rollt.
Zurück zum Pokalspiel: das wird leider nicht am traditionsreichen Panzenberg stattfinden können, denn das Stadion ist leider nicht pokaltauglich. 8000 Zuschauer soll es zwar offiziell fassen, aber die Zeiten, in denen eine solche Belastungsprobe versucht worden ist, sind lange vorbei. Realistisch geschätzt passen vielleicht 3000 bis 4000
Menschen in das Rund. Zu wenig für das Pokalspiel, das deshalb auf Platz 11 am Weserstadion ausgetragen wird. Man kann es gar nicht oft genug bedauern, aber: ja, auch bei den Stadien stellt der SV Werder Nummer 1 und Nummer 2 in der Hansestadt…