Dantes Göttliche Komödie beginnt mit einer echten Höllentour. Der Dichter selbst spielt die Hauptrolle und hatte sich im Wald verirrt, und ausgerechnet sein antiker Kollege Vergil bot sich ihm als Führer an, als Führer durch das Schattenreich. “Ihr, die ihr hier eintretet, lasst alle Hoffnung fahren”, prangt es über dem Eingang zur Unterwelt. Ein passendes Motto für die Hölle.

Okay, eine Hölle ist das Eintrachtstadion ganz sicher nicht. Trotzdem könnte dieser Wahlspruch momentan auch über dem Stadioneingang stehen. Denn Hoffnung scheinen die Fans bei den Spielen ihrer Eintracht zurzeit keine zu haben brauchen. Selbst der Tabellenletzte MSV Duisburg konnte hier unlängst einen Zähler entführen, und Mitte Februar reichte es nur deshalb zu einem Duselsieg gegen Arminia Bielefeld, weil Ken Reichel in der 5. Minute einen Geistesblitz hatte, die Ostwestfalen das ganze Spiel über aber Pech am Hacken. Es ist bisher Eintrachts einziger Sieg im neuen Jahr geblieben. Ansonsten fuhren die Blaugelben drei Remis ein (zwei davon in Braunschweig) und zwei Niederlagen.

Die erhofften Aufstiegsränge? Die sind mittlerweile weit entfernt. Zwölf Punkte beträgt der Abstand auf den Drittplatzierten 1.FC Nürnberg bereits. Zur Winterpause waren es nur vier. Den Relegationsplatz, den machen die Clubberer und der FC St. Pauli unter sich aus. Vielleicht spricht auch der VfL Bochum noch ein Wörtchen mit. Aber Eintracht? Die kann vielleicht sogar froh sein, dass sie bereits so viele Punkte auf der Habenseite hat. Ansonsten ließen die bisherigen Auftritte im Jahr 2016 vermuten, dass man noch einmal gegen den Abstieg würde spielen müssen.

Das Abrutschen der Eintracht, raus aus den Hoffnungsplätzen, hinunter ins graue und langweilige Mittelfeld, gefühlt sogar in die Nähe der Unterwelt, es geschah mit Ansage. Hätte man oben mitspielen wollen, hätte Eintracht im Winter personell dringend nachbessern müssen. Einen Verteidiger, vielleicht, für die Breite. Im Mittelfeld, auf jeden Fall Ergänzungen für die oft enttäuschenden Schönfeld, Matuschyk und Zuck. Und auch Jan Hochscheidt ist nach seinen Verletzungen noch lange nicht wieder dort, wo er mal war. Ganz sicher aber im Sturm, wo Düker und Ademi den Nachweis ihrer Zweitligatauglichkeit noch nicht erbracht haben. Die Rückholaktion von Domi Kumbela – man darf sie als PR-Gag bezeichnen. Als Wohlfühlaktion für die Fans. Seht her: Der verlorene Sohn, der Aufstiegsheld, er ist zurück! Zum dritten Mal. Eineinhalb Jahre älter und komplett außer Form. Mag ja sein, dass Kumbela Sympathien im Verein genießt, Freunde hat. Aber sportlich war dieser Transfer sinnfrei. Vor allem vor dem Hintergrund, dass mit Berggreen und Hvilsom zwei Stürmer den Verein in der Winterpause verlassen haben. Als das Transferfenster schloss und allen klar wurde, dass Eintracht keine weiteren Transers getätigt hatte, unkten die ersten, dass man sich jetzt aus dem Aufstiegsrennen verabschiedet habe. Es ist eine kleine Sensation, eine negative, dass sich diese Stimmen so schnell bestätigt fühlen dürfen. Und man wird lange suchen müssen, um einen Profiverein zu finden, der mit voller Absicht auf seine Aufstiegschancen verzichtet hat.

In der kommenden Saison will Eintracht laut “Drei-Jahres-Plan” mit um den Aufstieg spielen. Die Frage ist: Mit welchem Kader? Die Gefahr, dass die Leistungsträger den Verein verlassen, ist gegeben. Rafal Gikiewicz zum Beispiel weckt mit seinen Leistungen schon länger das Interesse anderer Vereine. Ihm werden konkrete Kontakte zu Werder Bremen nachgesagt. Ein drittes Jahr in der zweiten Liga ist bei ihm wohl unwahrscheinlich. Wer soll dann zwischen die Pfosten? Oder Joe Baffo, der nie ein Geheimnis daraus gemacht hat, dass sein eigentliches Ziel England ist. Das sind zwei Spieler, die man überzeugen müsste, bei Eintracht zu bleiben. Womit? Geld? Eintracht tickt hier defensiv, hat sehr eng definierte Schmerzgrenzen. Perspektive? Das ist die zweite Fußball-Bundesliga für einen Spieler, der höhere Ambitionen (und Angebote) hat, nur vorübergehend. Fakt ist: Eintracht fehlen die Argumente. Kommen die richtigen Angebote, sind die Spieler weg. Richten wir uns also darauf ein. Das gilt im Übrigen auch für Gerrit Holtmann oder Salim Khelifi. Und nicht nur die.

Der Grundstein für eine Aufstiegssaison 16/17 hätte im vergangenen Winter gelegt werden müssen. Mit sinnvollen Neuverpflichtungen, die sich auf diese Weise bereits ein halbes Jahr an die Mannsschaft, den Trainer, das komplette Umfeld hätten gewöhnen können. Mit einem Signal an die Spieler und die Fans: Wir wollen etwas erreichen! Wir greifen an! Und selbst, wenn am Ende dieser Saison der dritte Platz verfehlt worden wäre, hätte es Eintracht niemand übel genommen. Schließlich hätte Eintracht alles versucht gehabt. Aber so? Jetzt ist das Signal ein ganz anderes: Wir wollen gar nicht hoch. Lasst alle Hoffnung fahren…