Das Oberverwaltungsgericht Bremen hat die Gebührenforderungen des Bundeslandes Bremen an die Deutsche Fußball Liga im Berufungsverfahren grundsätzlich für rechtens erklärt. Noch die Vorinstanz hatte anders entschieden. Die Richterin und OVG-Präsidentin Ilsemarie Meyer gönnte sich eine mehr als einstündige Urteilsbegründung und stellte dabei fest: “„Die Kosten sind zwar erheblich, aber sie entsprechen der erbrachten öffentlichen Leistung.“
Während Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) jubelt und von einem guten Tag für den Steuerzahler spricht, fallen die Reaktionen außerhalb des notorisch klammen Bundeslands deutlich anders aus. Wenn man die wenig überraschende Reaktion der Polizeigewerkschaft DPolG mal ausblendet, dominieren hier die Kritiker des Urteilsspruchs. Die Bandbreite der Stellungnahmen variiert dabei von ehrlicher Überraschung bis hin zu blankem Unverständnis. Zurecht, denn die Bremer Entscheidung bricht mit elementaren Grundsätzen unserer Republik.
Auch wenn mancher es in der Neiddebatte rund um die Finanzstärke des Profifußballs nicht wahrhaben will, aber: Die öffentliche Sicherheit ist ausschließlich Angelegenheit des Staats, und für das, was außerhalb der Stadien geschieht, sind weder Liga noch Vereine verantwortlich. Das gilt für jede Veranstaltung, egal ob kommerziell oder privat.
In Diskussionen wurde bereits das sogenannte Verursacherprinzip als Argument für eine Kostenübernahme durch die Veranstalter ins Feld geführt – die Fußballspiele seien schließlich der Grund dafür, dass die Polizei präsent sein muss. Abgesehen davon, dass man bei manchem Polizeieinsatz geteilter Meinung sein darf, ob Quanität und Qualität wirklich hätten sein müssen: Das Ordnungsrecht kennt gar kein Verursacherprinzip. Es handelt ausschließlich nach verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten. Und die sind tatsächlich so simpel: Was im öffentlichen Raum geschieht, ist ausschließlich Sache des Staats – der Polizei.
Übrigens gibt es durchaus Situationen, in denen der Staat Geld für sein Handeln verlangen kann – wenn Polizei oder Feuerwehr zum Beispiel zu einem Fehlalarm gerufen werden (der muss dann allerdings schon grob fahrlässig oder mutwillig ausgelöst worden sein, dazu muss der Auslösende bekannt sein). Die bloße Annahme, dass potenzielle Besucher einer Veranstaltung potenziell etwas tun könnten, rechtfertigt das aber nicht.
Das Zitat der Richterin Meyer (erster Absatz) offenbart dazu die gesamte Tragweite der Fehleinschätzung der Bremer Beamtin. Sie suggeriert, hier sei ein Vertrag zustande gekommen, bei dem ein Partner eine Leistung erbringt, die von dem, der sie erhält, zu bezahlen sei. Das ist gefährlicher Unfug. Bleiben wir doch mal bei Meyers Wirtschaftsduktus: Der Staat beansprucht das Gewaltmonopol für sich, er lässt keine Wettbewerber zu. Als Monopolist kann er Bedarf und Preise ansetzen, wie er will. Und nicht nur das, auch überhaupt Kosten anfallen, entscheidet der Monopolist selbst, denn er entscheidet, was ein Hochsicherheitsspiel ist und was nicht. Keine Wettbewerber, Zwang zur Angebotsannahme – in der Wirtschaft würden ganz schnell die Wettbewerbshüter auf den Plan treten. Dieser Ansatz ist also grundverkehrt. Es sei denn, Meyer schlussfolgert, dass der Staat in den Wettbewerb eintreten will und auf sein Gewaltmonopol verzichtet, mit allen Konsequenzen. Das darf man wohl getrost verneinen.
Außerdem bedeutet das Bezahlen einer staatlichen Aufgabe nichts anderers als: Veranstaltungen durchführen kann nur noch derjenige, der es sich leisten kann, den vom Staat festgesetzten Preis zu bezahlen (nur: wer es sich leisten kann, muss es oft gar nicht). Sollte sich diese Auffassung durchsetzen, war es das mit der Demonstrationsfreiheit. Denn dann darf die Polizei – analog zu Risikospielen der DFL – den Veranstaltern willkürliche Rechnungen schicken. Natürlich sind Demonstrationen und Profi-Fußballspiele von ihrer Natur her nicht vergleichbar. Die Polizeieinsätze aber sind es.
Und was passiert jetzt? Es ist zu erwarten, dass das Bundesverwaltungsgericht, das über die Revision entscheidet, die verfassungsrechtlichen Aspekte stärker bewertet, als man es in Bremen tat. Und sollte auch hier tatsächlich die Einschätzung vorherrschen, dass der Staat sich für die Ausübung seiner Pflichten (für die er ja bereits Unmengen an Steuergeldern erhält – auch von den Profi-Fußballvereinen) extra bezahlen lassen darf, wird die DFL diese Kosten direkt an Werder Bremen weiterleiten – das steht bereits fest. Für Werder ist das ein weiterer direkter Wettbewerbsnachteil. Und sollten die Grün-Weißen infolgedessen sogar in die zweite Bundesliga absteigen, fließt deutlich weniger Steuergeld vom Osterdeich in die Bremer Staatskasse. Die Klage des Landes Bremen schadet bei Erfolg also direkt dem SV Werder. Man darf gespannt sein, wie die Menschen in Bremen reagieren, wenn ihnen die Tragweite des Handelns ihrer Landesregierung deutlich wird.