Über die unterirdische Spielleitung von Schiedsrichter Felix Prigan beim Sonnabendspiel der Zweiten Fußball-Bundesliga zwischen Darmstadt 98 und Eintracht Braunschweig wurde bereits alles gesagt. Und, was selten ist, sowohl der Heimbereich als auch das Gästelager waren einer Meinung: Prigan hat die Partie von Anfang an nicht im Griff gehabt (dabei war das Spiel vielleicht aufgeladen, aber bei weitem nicht unfair) und dabei auch keine Linie gefunden: Der Eintracht zeigte er sieben gelbe Karten – ein Wert, der üblicherweise vielleicht bei übelstem Geholze erreicht wird. Die Gastgeber dagegen kamen mit einer einzigen Verwarnung davon, und die gab es auch lediglich wegen einer Rudelbildung (bei der Prigan gleich zwei Braunschweiger verwarnte). Ach, und eine rote Karte gab es auch noch. Natürlich gegen die Gäste – es traf Trainer Daniel Scherning, der sich nach Prigans Totalversagen rund um die Verletzung von Sven Köhler kritisch äußerte. Dafür hatte, angesichts der Eklatanz des Fehlers des jungen Schiedsrichters, auch jeder Verständnis – wer ruhig bleibt, obwohl der eigene Spieler nach einem Treffer am Kehlkopf zusammensackt (und selbst Darmstädter Spieler wie Aleksandar Vukotic sofort nach der medizinischen Abteilung rufen), der ist im emotionalen Fußball-Business wohl fehl am Platz.

„Da kann ich nicht verstehen, warum der Linienrichter oder der Vierte Offizielle dem Schiedsrichter nicht helfen. Das Spiel hätte man in dem Fall unterbrechen müssen.“ Sky-Experte Torsten Mattuschka nimmt das gesamte Schiri-Team in die Verantwortung

Alberner Platzverweis für Scherning bleibt sicherlich bestehen

Natürlich wird sich der Verband nicht dazu durchringen können, diesen Platzverweis zu kassieren (das würde schließlich die Fähigkeit zur Selbstkritik voraussetzen. Kommt schon, DFB und Selbstkritik? In welchem Paralleluniversum?). Konsequenzen aber wird die Wildwest-Pfeiferei Prigans nach sich ziehen. Man muss kein Prophet sein um zu ahnen, dass er am Sonnabend sein Abschiedsspiel in der Zweiten Bundesliga gepfiffen hat. Dieser Unparteiische ist schlichtweg niemandem mehr zuzumuten. Zumal sogar strafrechtliche Konsequenzen gegen Prigan im Raum stehen – als Schiedsrichter hat er “Garantenstellung” (§ 13 Abs. 1  StGB), ist also nicht nur in der Lage, sondern auch in der Pflicht dafür zu sorgen, dass etwas strafrechtlich Relevantes nicht eintritt. In diesem Fall steht Körperverletzung durch Unterlassen im Raum. Prigans Glück, dass die Mediziner noch vor der Spielunterbrechung (pikanterweise durch ein Tor der Darmstädter) aufs Feld gerannt sind, um schnell Hilfe zu leisten. Wäre Köhler etwas passiert… man mag es sich gar nicht vorstellen.

Der Kicker zeigt Mitleid: "Nur" die Note 5 für Pringan. Es hätte auch die 6 sein dürfen.
Der Kicker zeigt Mitleid: “Nur” die Note 5 für Pringan. Es hätte auch die 6 sein dürfen.

Wer aufmuckt, steigt nicht auf

Warum aber konnte Felix Prigan an dem Tag überhaupt derart versagen? Das liegt an einer Eigenart des Beförderungssystems der Verbände. Jeder von uns, der selbst aktiver Fußballer ist, also Spieler, Trainer, Schiedsrichter, Funktionär, kennt die Automatismen: Schiedsrichter werden nicht befördert, weil sie richtig gute Leistungen zeigen, sondern weil sie sich ins System einfügen. Ein Schiri kann noch so gut Spiele leiten – wenn er innerhalb des Verbands auch mal intern Kritik äußert oder sogar mit der Presse spricht, ist er verbrannt.

Kaum höherklassige Erfahrungen vor Beförderung

Prigans Werdegang lässt keinen Grund zur Annahme, dass er jemals unbequem war oder Kritik geäußert hat. Mit 25 bereits gehört er zum Schiri-Kader der zweiten Bundesliga. Davor? 35 Partien in der Regionalliga, elf in der Dritten (davon zehn in der vergangenen Saison), dazu kürzlich ein Erstrunden-Pokalspiel. Das ist üblichweise zu wenig für einen Aufstieg. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass Prigans Bilanz bis zum Sonnabend ordentlich war. Dritte Liga kann er also wahrscheinlich tatsächlich. Aber das sollte dann auch das Maximum sein.

Unfehlbarkeitsdogma steht im Weg

Wer übrigens damit rechnete, dass Prigan sich bei Köhler entschuldigt oder sein Black Out sogar öffentlich zugibt, wird natürlich enttäuscht. Es gehört zum Unfehlbarkeitsdogma einiger Schiedsrichter, solche Diskussionen auszusitzen anstatt Charakter zu zeigen und reinen Tisch zu machen. Außerdem steht Prigan hier wohl auch im Weg, dass es sein erster größerer Rückschlag in seiner Karriere sein dürfte. Zu schnell zu hoch, zu schnell zu weit – da bleibt dann kaum Platz für Selbstzweifel oder -reflexionen.